Angeborene optische Anomalien

bei Siam & Thai

 

Hierzu zählen Farbfehler wir weiße Zehen oder Schwanzspitzen, Schielen sowie Verdickungen in den Schwanzwirbeln bis hin zum bekannten "Siamknickschwanz".

Weiße Schwanzspitze oder weiße Pfoten/ Zehen

Hin und wieder finden sich Thai mit weißen Flecken an Pfoten oder Schwanz. Die Katzen sind genetisch ohne Weiß (s/s), diese weißen Fleckchen sind sicher polygenetisch veranlagt. Daher wird der Erbgang noch längere Zeit im Dunkeln bleiben, da hier eine lange, weit zurückreichende Stammbaumforschung nötig wäre, denn dieser Fehler kann 10-20 Generationen und mehr überhaupt nicht auftreten. Gerade mit Thai Linien aus Rußland ist dies unmöglich, wurden doch 1990 allen Pointkatzen, die dem damaligen WCF Standard entsprachen, der Novizenstatus verpasst. Novize bedeutet, dass die Katzen keine bekannten Ahnen haben aber für die Zucht im Stammbuch registriert werden.

 

Inzwischen kann man einige Gene, die für das Weiss verantwortlich sind, über Laboklin und Certagen austesten lassen. Das Gen/die Gene, die das Muster des White Spotting steuern, ist noch unbekannt. Darüber hinaus resultieren nicht alle weißen Flecken oder Muster aus dem KIT-Gen, da auch andere Gene Mutationen aufweisen können, die zu Depigmentierungsphänotypen führen.

Farbfehler haben keinerlei Einfluss auf die Gesundheit der Katze!

Quellen:

Certagen

 

Strabismus (Schielen)

Das Schielen gehört für viele zur Siam/ Thai dazu. Es handelt sich jedoch um einen erblich bedingten Sehfehler, der zum Zuchtausschluss führen sollte. Es ist den Katzen nur unter Schielen möglich, eine Sache zu fixieren, manche schielen auch dauerhaft. Gelegentlich kommt ein Nystagmus (Augenzucken) dazu.
Als Nystagmus   bezeichnet man unwillkürliche, rhythmische Bewegungen des Augapfels; Augenzittern; mit langsamer Bewegung in der einen Richtung und nachfolgender schneller Bewegung in der entgegen gesetzten Richtung (der Nystagmus wird nach dieser entgegen gesetzten Richtung benannt!), oder aber gleichmäßige-pendelnde Bewegungen (undulierender Nystagmus). Nystagmus konnte vor allem bei Siamesen, in einigen Fällen auch bei Orientalen beobachtet werden.

 

In angeborener Form wird dieser Fehler die gleiche neuroophthalmologische Grundlage wie das Schielen zu haben. Siamkatzen wie auch andere Tiere vom albinotischen Typ haben eine abnormale Zahl an Nervenfasern, die sich im Chiasma opticum kreuzen. Bei normalen Katzen kreuzen sich etwa 65% der Nervenfasern. Bei der Siamkatze ist der Prozentsatz der sich kreuzenden Fasern größer.
Der Zusammenhang mit dem Teilalbinismus kann dazu führen, dass das binokulare Sehen stark beeinträchtigt ist. Die Augenabweichung besteht bei der Geburt noch nicht, das Schielen entwickelt sich erst im Alter von zwei bis 6 Monaten. Man nimmt an, dass der Strabismus ein aktiver Versuch der Katze darstellt, die abnormale Projektion der Retina im Gehirn zu kompensieren.


Auch zum Schielen gibt es speziell für die Siam/ Thai passende Legenden:
Die Katze Chula sollte während ihrer Trächtigkeit einen goldenen Trinkbecher Buddha´s bewachen. Weil sie so lange auf den Becher starrte, fiel es ihr immer schwerer, geradeaus zu schauen und so begann sie zu schielen und all ihre Kinder taten es ihr gleich; auch in anderen Palästen sollten die Katzen die Schätze bewachen und begannen vom vielen „Daraufstarren“ zu schielen.


Jedes festgestellte Schielen bedeutet auch den Ausschluss von einer Ausstellung bzw. das Einbehalten des Titels. Schielende Katzen haben keinerlei Einschränkungen im realen Leben zu erwarten.

Quellen: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/cge.12367

Strabismus measurements in the Siamese cat, R H Rengstorff
Krankheiten der Katze, Vera Schmidt und Marian C. Horzinek 2014
Geriatrie bei Hund und Katze, Wilfried Kraft 2003

 

Knickschwanz

Als Knickschwanz werden Wirbelveränderungen des Schwanzes bezeichnet, die unterschiedliche Ursachen, Form als auch Ausmaß haben können.
Knickschwänze müssen nicht immer sofort nach der Geburt erkennbar sein, einige Versteifungen der Wirbel werden erst im jungen Erwachsenenalter deutlich bzw. verschlimmern sich. Deformationen der Wirbel oder Verwachsungen untereinander können durch Unfälle (z.B. Einklemmen) passieren, die häufigere Variante ist jedoch die angeborene.
Man vermutet, dass ein (autosomal) rezessiver Erbgang für die verschiedenen Fehlstellungen der Wirbel verantwortlich ist. Andere Meinungen schlagen einen polygenetischen Erbgang vor.

6 Wochen alt
zwei Jahre alt

 

(autosomal) rezessiver Erbgang = Einige genetisch bedingte Störungen oder Erkrankungen werden rezessiv vererbt. Das bedeutet, man muss zwei veränderte Kopien desselben Gens erben (jeweils eine veränderte Kopie von jedem Elternteil), um dadurch eine bestimmte genetisch bedingte Störung oder Erkrankung zu bekommen.
polygenetischen Erbgang  =  Bei der Polygenen Vererbung handelt es sich um eine besondere Form der Vererbung. Wie der Name schon zu erkennen gibt liegt hier eine Vererbung mehrerer Gene vor, denn „poly“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet „viele, mehrere“.
Beide Eltern vererben diesen Fehler an ihre Kitten. Deformationen des Schwanzes treten häufig zusammen mit anderen Defekten der Wirbelsäule auf bis hin zu den letalen Auswirkungen der Schwanzlosigkeit bei Manx-Katzen. Außerdem liegt es nahe, dass sich diese Deformationen im Laufe der Generationen vervielfachen.
Deshalb liegt es nahe, mit belasteten Tieren und möglichst ihren Eltern nicht zu züchten.
Jeder festgestellte Knickschwanz bedeutet, neben der Sperre für eine Zuchtkarriere, auch den Ausschluss von einer Ausstellung bzw. das Einbehalten des Titels.

nach der Geburt
drei Wochen alt
zwei Jahre alt

 

Speziell bei der Siam/ Thai ist es jedoch möglich, dass der Mensch Knickschwänze extra beibehalten und weiter gezüchtet hat.


Es gibt Erzählungen nach denen Bauern im alten Siam mit ihren Katzen jagen gingen. Sie sollten kleine Nager und Vögel fangen. Der Bauer befestigte bunte Bänder an den Knickschwänzen und konnte so die Katzen wieder erkennen bzw. feststellen, welche erfolgreich war. Damit der Bauer etwas von der Jagd hatte, sollte die Siam-Katzen ihre Beute auch zu ihm bringen.

Das würde auch das ausdauernde Apportieren so vieler Siam/ Thai-Katzen erklären. Die Zucht über Generationen mit diesen Merkmalen könnte den Knickschwanz und das Apportieren in den Genen der Siam/ Thai-Katzen fest verankert haben. Noch heute haben etwa 2/3 aller Straßenkatzen in Ostasien Knickschwänze. Es gibt sogar einige Legenden, die zur Erklärung des Knickschwanzes dienen:

*von einer Prinzessin, die fürchtete ihre wertvollen Ringe während des Badens zu verlieren und deshalb eine Siam mit Knickschwanz hatte, damit kein Ring vom Schwanz herunter rutschte;
*vom Bewachen wertvoller Kelche, die die Katzen sehr lange mit ihren Schwänzen umklammert hielten und diese deshalb nicht mehr gerade waren;
*sogar von der Bewachung eines goldenen Trinkbechers von Buddha, um den die Katze Chula ihren Schwanz legte…

 

Knickschwänze treten bei Katzen aller Rassen auf, auch bei Hauskatzen. Katzen mit einem Knickschwanz haben keinerlei Einschränkungen im realen Leben zu erwarten. Ihre Lebenserwartung entspricht 1:1 derer mit perfekter Schwanzform. Eine operative Korrektur ist nicht indiziert und zeigt auch keinen Erfolg.

 

Quellen:

 

Zum rezessiven Erbgang: www.eurogentest.org
Zum polygenetischen Erbgang: www.oliverkohlhaas.de/biologie
www.life-with-siamese-cats.com/cat-legends.html
Tales of a tail Legends of Siamese Cat
Rassetypische Erkrankungen der Siamkatzen, in: katze-und-du.at
Orthopädie bei der Katze: Erkrankungen und Therapie des Bewegungsapparates, Harry W. Scott,Ronald McLaughlin,  2008, S.306

 

 

© Der Artikel wurde von mir in abgewandelter Form 2016 für die Seite „International Thai Cats“ geschrieben.

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